Hintergründe

Foto HintergründeHebammen tragen eine enorm hohe Verantwortung und sind hervorragend ausgebildet: Die Vergütung ihrer Arbeit hat das noch nie angemessen widergespiegelt. Dank des Idealismus der Frauen, die diesen Beruf ergreifen, gab es in unserem Land dennoch eine Geburtskultur, die diesen Namen verdient. Seit einigen Jahren aber können Hebammen vom Herzstück ihrer Arbeit – der Geburtshilfe – nicht mehr leben. Deutschland droht langfristig eine „Geburtshilfe ohne Hebammen“.

Mehrere Faktoren greifen dabei ineinander:

Die Vergütungssätze der Hebammen wurden bis 2007 vom Bundesgesundheitsministerium festgesetzt, welches in zwanzig Jahren lediglich drei Erhöhungen für die Hebammen verhandelte. Seit 2007 sind die Hebammenverbände durch eine Gesetzesänderung (Neueinführung des §134 a SGB V) selbstständig für die Verhandlung ihrer Gebühren mit den Krankenkassen verantwortlich. Vor dem Übergang in die Selbstverwaltung wurde versäumt, die Hebammen auf ein angemessenes Vergütungsniveau anzuheben, sodass bei späteren Vergütungsverhandlungen mit den Krankenkassen das Defizit nie ausgeglichen werden konnte. Grund dafür ist das Beitragsstabilitätsgesetz.

Das Dilemma: Vor einigen Jahren hat man die Hebammen in eigenverantwortliche Vergütungsverhandlungen mit den Krankenkassen entlassen. Gleichzeitig gab und gibt es die Vorgabe aus § 71 SGB V, dass ihre Vergütung an das Beitragsstabilitätsgesetz gebunden ist. Das macht die Hebammen in ihrer Verhandlungsfähigkeit gegenüber den Krankenkassenverbänden handlungsunfähig. Sowohl die Krankenkassen als auch die Schiedsstelle sind laut §134 a verpflichtet, Anpassungen gemäß dem Beitragssatzstabilitätsgesetz (§ 71 SGB V) prozentual, gemessen an der Grundlohnsummensteigerung, vorzunehmen. Die hier ebenfalls genannten wirtschaftlichen Interessen der Hebammen werden bisher weiterhin nicht berücksichtigt, obwohl Ende 2011 im neuen Versorgungsstrukturgesetz vom Gesetzgeber extra Folgendes in der Gesetzesbegründung hinzugefügt wurde:

„Trotz vorgeschriebener Berücksichtigung des Grundsatzes der Beitragsstabilität können dabei höhere Vergütungen vereinbart werden, wenn dies erforderlich ist, um den Hebammen eine angemessene Vergütung zu gewähren.“

Durchschnittlich erzielte eine freiberufliche Hebamme in Vollzeitarbeit in den Jahren 2007/08 circa 23.300 Euro Umsatz im Jahr bei vollem unternehmerischem Risiko. Davon zu bestreiten sind Betriebsausgaben (beispielsweise Versicherungen, Praxismiete, Benzin, Fortbildungen), Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Hebammen sind trotz ihrer Freiberuflichkeit eine der Berufsgruppen, die rentenversicherungspflichtig sind, zahlen also Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil. Die Prämienerhöhung der Haftpflichtversicherung von 55 % im Jahr 2010 hat die im gleichen Jahr erfolgte Gebührenerhöhung von nur 1,54 % um ein Vielfaches überschritten.
Die von der Bundesregierung im Jahr 2011 in Auftrag gegebene IGES-Studie zu den Einkommensverhältnissen der Hebammen hat diesen Missstand alarmierend bestätigt.

Schon vor der Haftpflichterhöhung lag der Stundenlohn einer Hebamme im Jahr 2007/2008 bei durchschnittlich 7,50 Euro. Nach dem Schiedsstellenspruch im Februar 2013 zum Thema der Hebammengebühren hat die Schiedsstelle sich für 12 % Erhöhung aller Vergütungspositionen ausgesprochen.

Obwohl es seitdem auch zu weiteren Gebührenanhebungen sowie zur Auszahlung eines sogenannten Sicherstellungszuschlags* gekommen ist, gilt die Hebammenbezahlung immer noch als unzureichend: Ausufernde Qualitätsmanagementvorgaben, bürokratische Mehrarbeit und Einschränkungen in ihren Abrechnungsmodalitäten erschweren den Hebammen die Arbeit im klinischen als auch außerklinischen Bereich. Die vermeintlich höhere Vergütung für bestimmte Positionen relativiert sich durch die Streichung anderer Vergütungsleistungen.

Die detaillierte Auflistung der jetzigen Vergütungspositionen (Stand: Januar 2018) finden sie hier.

Nach wie vor fehlt es an wirklicher Wertschätzung und Arbeitserleichterung, sodass die bisherigen Maßnahmen den Rückzug von Hebammen aus der Geburtshilfe nicht gestoppt haben. Im Gegenteil: Der Hebammenmangel nimmt weiter rasant zu. Weitere Gründe dafür sind Reglementierungen beim Erbringen von Hebammenleistungen (beispielsweise durch die von den Krankenkassen vorgesetzten „nicht evidenzbasierten Ausschlusskriterien“ bei Hausgeburten), unzumutbare Arbeitszustände in total überlaufenen Kreißsälen (eine Hebamme auf drei bis vier Gebärende) und daraus entstehender Burn-out.

* Der Sicherstellungszuschlag gleicht seit Juli 2015 einen Großteil der jährlich steigenden Haftpflichtbeiträge der freiberuflichen Hebammen aus, die Geburtshilfe anbieten. Diese Ausgleichszahlung der Krankenkassen soll die zunehmende finanzielle Belastung mildern.

Den Beruf der Hebamme ergreifen traditionell Frauen. Viele Hebammen sind zudem selber Mutter, müssen Beruf und Familie vereinbaren und können daher nur eine begrenzte Anzahl an Geburtsbegleitungen pro Jahr annehmen. Daher arbeiten viele Hebammen in sogenannter Teilzeit. Die unbezahlte Rufbereitschaft beträgt an den meisten Tagen des Jahres trotzdem 24 Stunden täglich. Die steigenden Haftpflichtprämien (siehe Absatz zur Haftpflichtversicherung) belasten diese Gruppe finanziell besonders stark. Darüber hinaus liegen im Gesundheitssektor und bei den freiberuflichen Dienstleistungen die prozentualen Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen bei 33 %; damit übertreffen sie noch über gesamtwirtschaftlichen durchschnittlichen Entgeltunterschied von 23 % (Quelle: www.equalpayday.de sowie Resolution des Dt. Hebammenverbandes vom 20.11.2009).

Hebammen sind gesetzlich verpflichtet, ihre Berufstätigkeit durch eine Berufshaftpflichtversicherung abzusichern. Trotz leicht rückläufiger Schadensfälle in der Geburtshilfe steigen die Kosten pro einzelnem Schadensfall drastisch an. Dazu zählen sowohl die Aufwendungen für die medizinische, pflegerische als auch die soziale Versorgung und lebenslange Einkommenssicherung der Geschädigten. Hohe Prozess- und Anwaltskosten kommen hinzu. Der Anstieg dieser Kosten lässt die Haftpflichtprämien für alle in der Geburtshilfe Tätigen (Hebammen und Ärzteschaft) seit dem Jahr 2010 in die Höhe schnellen. Die dringend nötige Anpassung der Hebammenvergütung ließ jedoch lange auf sich warten.

Das änderte sich erst 2015. Seitdem bekommen Hebammen zwar über aufwendige Anträge einen Teil der Haftpflichtkosten durch die Krankenkassen erstattet. Allerdings wurde bei diesen Vertragsabschlüssen zum sogenannten Sicherstellungszuschlag das gesamte Vergütungssystem verändert: Aus der bisherigen Vergütung wurden alle bisher erfolgten Ausgleichszahlungen für die Haftpflicht herausgerechnet. Beispiel: Eine Hausgeburt wird nun nicht mehr wie bisher mit brutto 861,62 Euro vergütet, sondern nun nur noch mit 638,75 Euro. Aufgrund dessen ergibt sich mit der neuen Regelung für Hebammen mit einer Geburtenanzahl zwischen 15 und 30 im Jahr eine finanzielle Einbuße. Zum Vergleich: In der Vergangenheit konnten sie durch die an die Geburtsgebühr gekoppelten Ausgleichzahlungen ihre Haftpflichtkosten vollständig selbst erwirtschaften.

Nun gilt für alle Hebammen: Den Sicherstellungszuschlag gibt es nur, wenn sie

a) die Mindestanzahl der geforderten geburtshilflichen Leistung innerhalb eines festgelegten Zeitraumes erbringen,

b) alle Antragsformalitäten einhalten und in der Lage sind, die Versicherungskosten vorzustrecken (denn die Bearbeitung der Anträge beim GKV-Spitzenverband dauert Monate).

Weitere Nachteile bei der Berechnung des Sicherstellungszuschlags:

– Die festgelegte Berechnungsgrundlage für die Höhe des Sicherstellungszuschlages hat zur Folge, dass es keiner Hebamme möglich ist, die vollständige Prämie zu erwirtschaften.

– Alle Hebammen haben fest definierte, prozentual berechnete Abzüge von den Gesamtprämien, die ihnen überhaupt nicht erstattet werden. Abgezogen wird beispielsweise 5 % für Haftpflichtanteile der nicht geburtshilflichen Leistungen sowie eine 7,5-prozentige Pauschale für Selbstzahler. So rechnen die Krankenkassen die privat versicherten Patientinnen aus der Prämie heraus. Für diese haben Hebammen aber früher, bevor es den Sicherstellungszuschlag gab (durch die Kopplung des Haftpflichtausgleichs an die Geburtsgebühr), auch immer einen Ausgleich der Haftpflichtprämien über die Privatgebührenverordnung erhalten. Stattdessen verringert sich durch die neue Regelung die Geburtsgebühr für Privatversicherte sogar um rund 400 Euro.

– Für die erwartungsgemäß auch zukünftig sich fortsetzende Erhöhung der Haftpflichtprämien gilt, dass mit jeder Steigerung auch die Abzüge ebenfalls prozentual ansteigen werden. Damit wird die Summe von Jahr zu Jahr höher, die den Hebammen nicht ausgeglichen werden wird. Beispiel: Im Jahr 2015 bedeutete dies, dass von der 6.274,32 Euro hohen Haftpflichtprämie den Hebammen lediglich 4.340,03 Euro erstattet wurden. (Bei gleichzeitiger Kürzung der Geburtsgebühr um circa 200 € bei Kassenpatientinnen, um etwa 400€ bei Privatversicherten).

– Hebammen, die nur sehr wenige geburtshilfliche Leistungen erbringen, bekommen nun überhaupt keinen Ausgleich mehr. Denn der Anspruch auf den Sicherstellungszuschlag ist an die Bedingung geknüpft, dass mindestens eine geburtshilfliche Leistung pro Quartal abgerechnet werden kann. Wenn diese aber beispielsweise wegen des Ausschlusskriteriums Terminüberschreitung kurzfristig abgesagt wird oder es sich bei der Betreuten um eine Privatversicherte handelt, fällt der Anspruch auf den Sicherstellungszuschlag weg.

Entwicklung der Haftpflichtprämien (für die Geburtshilfe)

1981:         30,68 Euro
1992:       178,95 Euro
1998:       393 Euro
2000:       413 Euro
2002/3:    453 Euro
2004:     1.352 Euro
2006:     1.473 Euro
2007:     1.587 Euro
2009:     2.370 Euro
2010:     3.689 Euro
2012:     4.242 Euro
2014/7:  5.091 Euro
2015/7:  6.274 Euro
2016:     6.843 Euro
2017:     7.639 EuroEntwicklung der Haftpflichtprämien bis 2017

Eine vaginale Geburt ohne Komplikationen kostet mit angestellten Hebammen in der Klinik 1910,87 Euro. Darin enthalten sind durchschnittlich drei bis fünf Tage Aufenthalt nach der Geburt. Dieser Preis kann sich bei Komplikationen auf bis zu 5104,68 Euro erhöhen.

Eine vaginale Geburt im Krankenhaus mit Beleghebammen: Bei Beleggeburten werden die Hebammenkosten (für die Klinik berechnete Personalkosten für den Einsatz einer angestellten Hebamme) von den Fallpauschalen abgezogen. Die Kosten liegen bei einer 1:1 Betreuung für die Hebammen, je nach Geburtsverlauf, zwischen 198,64 Euro und mit Nachtzuschlag 234,72 Euro (Pauschale für eine Stunde vor und drei Stunden nach der Geburt). Das Krankenhaus erhält zwischen 1512,87 Euro und 4642,15 Euro pro Geburt. Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen die Hebammenleistung direkt an die Hebamme. Hinzu kommt die Rufbereitschaftspauschale, die nur von einigen Kassen über nommen wird und ansonsten von den Frauen getragen werden muss.

Kaiserschnittgeburt: Inzwischen liegt die durchschnittliche Kaiserschnittrate in Deutschland bei über 30 Prozent. Ein Kaiserschnitt kostet zwischen 2.654 und 9.430 Euro, Hebammenleistungen inklusive.
Geburt im häuslichen Umfeld: Dafür erhält die begleitende Hebamme 638,75 Euro (Pauschale für 8 Stunden vor und drei Stunden nach der Geburt), mit Nachtzuschlag 789,89 Euro. Hinzu kommen 38,46 Euro pro Besuch am Tag nach der Geburt für drei bis fünf Tage. Die weitere Wochenbettbetreuung ist hier nicht berücksichtigt.

Geburt im Geburtshaus: Die betreuende Hebamme erhält 526,38 Euro, mit Nachtzuschlag 655,05 Euro. Hinzu kommen 38,46 Euro pro Besuch am Tag nach der Geburt für drei bis fünf Tage. Der Träger des Geburtshauses bekommt 707 Euro für Betriebskosten.

Quelle: „Zahlenspiegel zur Situation der Hebammen 6/2018“, Deutscher Hebammenverband (DHV) e. V.

Die Kranken- und Rentenkassen der Geschädigten (Mutter oder Kind) suchen bei teuren Behandlungsfällen Verursacher (Hebammen oder Ärzte), denen die Kosten für Behandlung und Einkommenssicherung in Rechnung gestellt werden können.
Bei einem Prozess gilt die Beweislastumkehr, das heißt, die Beschuldigten müssen nachweisen, dass ein Schaden NICHT durch sie verursacht wurde. Für Frauen führt dies bereits in der Schwangerenvorsorge zu deutlich vermehrten Untersuchungen und medizinischen Interventionen.

Durch das Einklagen von Regressforderungen erzielen Sozialversicherungsträger einen Anteil von bis zu 10 % ihrer Einnahmen.
Neben Schmerzensgeld und Pflegekosten gibt es seit 1995 Urteile aus höheren Gerichtsinstanzen, die den Sozialversicherungsträgern Schadenersatzansprüche zusprechen. Die zugesprochenen Summen sind seitdem kontinuierlich gestiegen, da immer weiterreichende Versorgungsansprüche geltend gemacht werden. Fälle mit geburtshilflichem Zusammenhang gehören zu den teuersten Haftpflichtfällen überhaupt. Neben Schmerzensgeld, Pflege- und Behandlungskosten, wird vom anzunehmenden Verdienstausfall des Kindes über die Betreuung durch ein Elternteil das Leben zweier Menschen abgesichert.
Durch die Beweislastumkehr begründen sich viele Urteile auf mangelhafter Dokumentation und Aufklärung. Dies hat in der Geburtshilfe zu einem enormen Dokumentationsaufwand und einer ausführlichen Risikoaufklärung geführt, um sich juristisch abzusichern.

Die juristische Sicherheit für die Hebamme/den Geburtshelfer ist dabei nicht gleichbedeutend mit dem sichersten Weg für Mutter und Kind.

Das Gesundheitssystem unterliegt wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Kleinere geburtshilfliche (Beleg-)Abteilungen können nicht mehr kostendeckend arbeiten und müssen schließen. In der Geburtshilfe führt das zu einer immer mangelhafteren Personalsituation in den Kliniken, die sich direkt durch weniger Zeit für die individuelle Betreuung von Mutter und Kind auswirkt.
Die Geburtshilfe wird in große, medizinische Zentren verlegt und orientiert sich an Risikogeburten. Von Frauen mit Geburtswehen müssen Anfahrtswege bis zu 100 Kilometer zur nächsten Geburtsklinik in Kauf genommen werden. Auch die individuelle Betreuung durch Hebammen zu Hause und im Geburtshaus ist nicht mehr flächendeckend gewährleistet.

In der Strukturvereinbarung zur Versorgung von Früh- und Neugeborenen werden insbesondere Frühgeborene und kranke Neugeborene berücksichtigt. Solche Risikogeburten sollten sinnvollerweise an Perinatalzentren stattfinden. Es wird aber davon ausgegangen, dass auch normale Geburten am besten in solchen Zentren stattfinden. Die (negativen) Auswirkungen dieser Annahme werden nicht berücksichtigt – ebenso wenig wie die Präferenzen gesunder Mütter und Neugeborener. Geburten, die auf dem Weg in die Klinik erfolgen, werden in keiner Perinatalerhebung erfasst. Auch eine Zusammenführung der Perinataldaten mit den Neonataldaten findet nicht statt.
Die wohnortnahe Versorgung durch Hebammen laut § 134 a SGB 5, gerade in ländlichen Regionen, ist nicht mehr gegeben, obwohl Versicherte in strukturschwachen Gegenden die gleichen Versicherungsbeiträge zahlen, wie andere auch.

Ein wesentlicher Teil der Gesundheitsförderung geht verloren und es ergeben sich bedenkliche Folgen für werdende Mütter und ihre Kinder sowie für die ganze Gesellschaft:

  • Fehlende Hebammenbetreuung vor und nach der Geburt
  • Vermehrte, unbetreute Geburten auf dem Weg in die Klinik
  • Ungeplante und selbst assistierte Hausgeburten ohne Hebammenhilfe
  • Fehlende Eins-zu-eins-Betreuung während der Geburt
  • Fehlende wohnortnahe Klinik mit Geburtshilfe
  • Mehrbelastung der angestellten Hebammen im Kreißsaal, die immer mehr
  • Frauen gleichzeitig betreuen müssen
  • Frauen unter der Geburt werden häufiger über längere Zeitabschnitte sich selbst überlassen
  • Weiter steigende Kaiserschnittrate
Linktipp: Der Deutsche Hebammenverband aktualisiert regelmäßig seine „Landkarte der Kreissaalschließungen“ (http://www.unsere-hebammen.de/mitmachen/kreisssaalschliessungen).
 
Seit Beginn des Jahres 2010 haben 15 bis 20 % der geburtshilflich arbeitenden Hebammen ihre Tätigkeit eingestellt. Laut IGES-Studie hat sich dieser Trend fortgesetzt: Boten 2010 noch 25 % der freiberuflichen Hebammen Geburtshilfe an, sind es 2012 nur noch 21 %! Aussagekräftige Daten zur bundesweiten Versorgung mit Hebammenhilfe gibt es allerdings bislang kaum. Der „Runde Tisch Geburtshilfe NRW“ empfahl schon im Jahr 2015 Daten zur Versorgungssituation für Deutschlands bevölkerungsreichstes Bundesland zu erheben (um daraus Referenzwerte für die Bundesrepublik abzuleiten).

Die Hebammenverbände forderten seit Jahren die Aufnahme des Anspruchs auf umfassende Hebammenhilfe sowie die gesetzliche Verankerung von Geburtshäusern ins fünfte Sozialgesetzbuch. Als Grundlage für den Anspruch auf Hebammenhilfe galt für Jahrzehnte ein Gesetz aus dem Jahr 1911, die Reichsversicherungsordnung (RVO). Seit Ende 2012 sind die Hebammenleistungen nun endlich im SGB V verortet. Bei der Formulierung des neuen Gesetzestextes wurden neben dem alten RVO-Vorgaben auch die Richtlinien der Europäischen Union (EU) herangezogen, beispielsweise Hebammenhilfe für den Säugling im Falle der Abwesenheit der Mutter (Adoption, Krankheit, Tod), die verbindlich die Kompetenzbereiche für Hebammen vorgeben. So wurde der Anspruch der Frau auf Schwangerenbetreuung so formuliert, dass die Hebamme gleichwertig neben Arzt oder Ärztin steht. Auch der Anspruch der Frau auf die freie Wahl des Geburtsortes wurde klar verankert. Damit sind die Krankenkassen verpflichtet, diese Leistung flächendeckend für ihre Versicherte bereitzuhalten.

Allerdings wurde leider noch immer nicht der Anspruch der Versicherten auf Gesundheitsförderung und Prävention durch Hebammenhilfe im Sozialgesetzbuch geregelt.

Quellen:
Umfangreiche Textauszüge aus der Resolution des Dt. Hebammenverbandes vom 20.11.2009
Grafik zur Entwicklung der Haftpflichtprämien, Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands
Wir bedanken uns herzlich bei beiden Verbänden.

Hier finden Sie Links zu Artikeln und Webseiten, die Ihnen weitere Informationen zum Thema Geburt – und natürlich auch zu der brenzligen Situation des Hebammenstandes geben.

Bei der von Hebammen für Deutschland e. V. ins Leben gerufenen Erzählcafé-Aktion dreht sich alles rund um unsere Geburtskultur heute, gestern und in Zukunft. Die Erzählcafés finden bundesweit statt. Menschen, die sich hier treffen, wollen zuhören, sich austauschen und voneinander lernen. Über 80 Cafés haben bereits stattgefunden, die nächsten Cafés sind in Planung.

Um aktiv Veränderung mitzugestalten, kann jede_r bei sich vor Ort ein Erzählcafé veranstalten. Das neue, von Hebammen für Deutschland e. V. angeregte und finanzierte, Erklärvideo macht es Ihnen ganz einfach.

Mit jedem Erzählcafé möchten wir – ganz im Sinne einer lebendigen Öffentlichkeitsarbeit – vermitteln und gemeinsam erforschen, was in der heutigen Geburtskultur anders werden soll. Wir machen damit an jedem Erzählcafé-Tisch die Bedeutung von individueller Hebammenbetreuung zum Thema.

Zusammen haben die Ärztin Dr. med. Stefanie Schmid-Altringer und die Hebamme Lisa von Reiche (Hebammen für Deutschland e. V.) die Erzählcafé-Aktion 2014 gegründet. Finanziert wird diese innovative und öffentlichkeitswirksame Aktion maßgeblich von unserem Verein!